Ehemalige Kornbrennerei Niedernberg und Krüner

Kornbrennerei Niedernberg und Krüner

Das an der Hagener Straße gelegene Industriedenkmal ehemalige Kornbrennerei Niedernberg und Krüner ist das größte gründerzeitliche Fabrikensemble in Gevelsberg mit überwiegend erhaltenem äußeren Erscheinungsbild und ein wichtiges Zeugnis sowohl der Industriearchitektur als auch der Produktions- und Siedlungsgeschichte.
Das Gebäudeensemble wurde zwischen 1888 und 1910 errichtet, wobei der Mittelteil das älteste Gebäude darstellt und der westliche, kubische viergeschossige Bau 1910 für die Abfüllanlage vorgesehen war.
Die Fassadengliederungen und -dekors sind durch vorkragende Backsteine ausgebildet. Die Fenster sind, typisch für damalige Industriearchitektur, mit Gusseisenrahmen und Sprossenteilungen ausgeführt und sorgfältig restauriert.
Auf der Gebäuderückseite waren ursprünglich Wand und Fassade mit Eisenfachwerk ausgebildet, welches bei den Umbau- und Sanierungsmaßnahmen aufgrund des schlechten Zustandes nicht erhalten werden konnten.
Die Kornbrennerei wurde 1886 von den Halbbrüdern Caspar Heinrich Niedernberg und Julius Krüner als Niedernberg & Krüner Ges.m.b.H gegründet. Die Familie Niedernberg lässt sich am Hagebölling als eine der alteingesessenen Bauernfamilien über Jahrhunderte zurückverfolgen, ein Hof Hagebölling ist bereits im Schatzbuch der Grafschaft Mark aus dem Jahr 1486 erwähnt.
Die Firma Niedernberg und Krüner firmierte über die mehr als 100 Jahre ihres Bestehens bis Ende der 1980er Jahre mit verschiedenen Namenszusätzen, die sich mit den verändernden Geschäftfeldern wandelten: „Kornbrennerei und Presshefefabrik“, „Kornspiritus-, Preßhefe- und Malzfabrik“, „Korn- und Weinbrennerei, Likörfabrik, Weinkellerei“, „Korn- und Weinbrennerei“, auf Etiketten auch z. B. nur als „Kornbrennerei“, „Weinkellerei“ oder „Kornbrennerei und Likörfabrik“.
Mit den vielfältigen Zusätzen zum Firmennamen wird die Produktpalette erkennbar, die über Branntwein und Schnäpse deutlich hinausging und zeitweise sogar Fruchtsäfte umfasste. Wobei die Leitprodukte entsprechend der landläufigen Bezeichnung „Brennerei“ die Brände waren. Beliebt war z. B. Krüner’s Goldkorn.
Die Hefeproduktion, die schon damals größere Aufwendungen zur Klärung der Abwässer vor deren Einleitung in die Ennepe erfordert hätte, wurde 1933 eingestellt. Die Abwasseranlage bestand z. B. vor dem ersten Weltkrieg aus einer Kühl- und Klärteichanlage, d. h. im heutigen Sinne Absetzbecken. Mindestens einen Teil des für die Produktion nötigen Wassers gewann die Firma im Bereich des heutigen Stadtwaldes.
Die Produktion wurde Ende der 1980er Jahre endgültig aufgegeben. Im Anschluss entwickelte die Initiative „Altenhilfe 2000“, maßgeblich getragen von Pastor Renneberg und Dr. Margret Korn, das Projekt einer Wohnanlage für ältere Menschen mit einem Begegnungszentrum für alle Bürgerinnen und Bürger. Nach vielen Gesprächen und langen Planungen konnte 1998 das Projekt nach denkmalgerechtem Umbau der Bestandsgebäude und Neubau der zugehörigen Wohnbauten abgeschlossen und das nunmehr „Dorf am Hagebölling“ genannte Wohn- und Begegnungszentrum eingeweiht werden. Träger der Maßnahme und des „Dorf am Hagebölling“ ist die Theodor Fliedner Stiftung.


Dorf am Hagebölling

Baudenkmal des Monats Juli